Statistikdatei mal anders: Bußgeldstelle gewährt ungefragt Akteneinsicht in ihre „Blitzer-Einnahmen“

Auch eine Statistik(datei), aber nicht die, die wir haben wollten.

In diesem Blog wurde bereits mehrfach berichtet, dass nicht jede polizeiliche Messung im Straßenverkehr, etwa der Geschwindigkeit oder des Abstands, korrekt abläuft (etwa hier oder hier). Für die technische Überprüfung einer solchen Messung (das bietet z. B. die GFU an) müssen verschiedene Datensätze ausgewertet werden, die das Messgerät erstellt hat.

Dazu gehört auch die sogenannte Statistikdatei, die von fast allen modernen Geschwindigkeitsmessgeräten bei jedem Einsatz erstellt wird.

Eine gute Erklärung, wozu man diese Datei genau braucht, hat das Landgericht Trier in einem unserer Bußgeldverfahren gegeben:

Diese liefert Rückschlüsse zur Qualität der Ausrichtung des Sensors und einhergehend zur Annullierungsrate des konkreten Messeinsatzes. Gleichzeitig werden alle Messungen des Messeinsatzes in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen erfasst und die gültigen Messungen angezeigt. Der wesentliche Bestandteil besteht darin festzustellen, ob tatsächlich alle Messfotos zur Auswertung vorgelegen haben oder zwischenzeitig einzelne Messfotos gelöscht wurden. Nur wenn alle Messdateien der kompletten Messserie zur Auswertung vorliegen, kann die Messbeständigkeit des Messgerätes bzw. der Messanlage und damit die Gültigkeit der Eichung nachgewiesen werden.

Daher fordern wir in den Fällen, in denen wir das Messergebnis von einem Sachverständigen begutachten lassen, unter anderem die Statistikdatei bei der zuständigen Bußgeldbehörde an, was normalerweise – anders z. B. hier – auch kein Problem darstellt. Gelegentlich kommt es aber vor, dass man bei der Behörde nicht ganz versteht, welche Daten verlangt werden.

So war es jedenfalls in diesem Fall: Es wurde keine technische Statistik zur Verfügung gestellt, sondern der Ausdruck einer Excel-Tabelle, welche der Betreiber der Messsäule – die Firma Jenoptik – der Stadt, in der diese betrieben wird, wöchentlich zur Verfügung stellt. Nicht ganz das, was wir wollten, aber dennoch nicht uninteressant: Die Tabelle enthält neben der Höhe und Anzahl – täglich ca. 35 – der Geschwindigkeitsüberschreitungen (im Bild nicht erkennbar) die jeden Tag mit dem Messgerät generierten „Einnahmen“ in Form der Summe aller Verwarnungs- bzw. Bußgelder sowie den Anteil, den davon die Stadt „behalten darf“. Bei den von Privatunternehmen zur Verfügung gestellten oder betriebenen Messanlagen ist es nämlich durchaus üblich, dass diese an jedem verwertbaren Blitzfoto einen festen Betrag „mitverdient“.

Der Grund für die, im Vergleich zu anderen Messstellen, eher geringen Fallzahlen ist übrigens, dass diese Messanlage seit einigen Jahren an derselben Stelle installiert und den Einheimischen bestens bekannt ist.

One thought on “Statistikdatei mal anders: Bußgeldstelle gewährt ungefragt Akteneinsicht in ihre „Blitzer-Einnahmen“”

  1. Also bitte: das dient doch nun wirklich nur und ausschließlich der Sicherheit im Straßenverkehr und an Unfallschwerpunkten, oder? Wenn dort keine Einheimischen auffällig werden, zeugt das nur von deren Ortskunde in Bezug auf solche Schwerpunkte und deren vorsichtige Fahrweise. Und wer wird schon durch Umsetzen der Meßeinrichtung seine Stammwähler vergraueln wollen?
    /sarc

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