Auf dieser Seite haben wir einige von uns „erstrittene“ Urteile und Beschlüsse verschiedener Gerichte, denen eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, gesammelt und zusammengefasst.

2023

Februar

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 08.02.2023 – 4 ORbs 31 SsBs 1/23

Zur Berechnung der (absoluten) Verjährungsfrist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten (hier: bei am 10.11.2020 begangener Tat Verjährungseintritt mit Ablauf des 09.11.2022).

2021

Dezember

Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2021 – VGH B 46/21

Im Bußgeldverfahren wegen einer (mutmaßlichen) Geschwindigkeitsüberschreitung kann ein Anspruch auf Einsicht in die vorhandenen Wartungs- und Instandsetzungsunterlagen des verwendeten Messgerätes bestehen, auch wenn diese sich nicht bei der Akte befinden.

November

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 22.11.2021 – 2 OWi 32 SsBs 240/21

Die Begründung eines Bußgeldurteils muss erkennen lassen, ob sich der Betroffene in der Hauptverhandlung geäußert oder von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat sowie ob und aus welchen Gründen der Tatrichter der eventuellen Einlassung gefolgt ist oder diese als widerlegt angesehen hat.

Will das Gericht frühere Verkehrsverstöße eines Betroffenen bußgelderhöhend berücksichtigen, muss es im Urteil die Voreintraungen vollständig und präzise wiedergeben einschließlich der Zeitpunkte des Eintritts der Rechtskraft, des Erlasses der Entscheidung sowie der Tat selbst, ferner die verhängte Rechtsfolge.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12.11.2021 – SsRs 57/2021 (72/21 OWi)

Das Gebot des fairen Verfahrens gebietet es, dass die Verwaltungsbehörde im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen Geschwindigkeitsüberschreitung dem Verteidiger des Betroffenen oder einem von diesem beauftragten Sachverständigen nicht bei den Akten befindliche amtliche Messunterlagen zur Verfügung stellt, um dem Betroffenen zu ermöglichen, die Berechtigung des auf das Ergebnis eines standardisierten Messverfahrens gestützten Tatvorwurfs zu überprüfen.

Der Betroffene hat hierbei u. a. ein Recht auf Einsicht in die Falldaten der gesamten Messreihe einschließlich Statistikdatei, Token-Datei und Passwort, in die Wartungsnachweise bzw. Lebensakte des Messgeräts sowie dessen Gebrauchsanweisung.

Jedenfalls die Nichtüberlassung des gegenständlichen Falldatensatzes des Betroffenen sowie der Statistikdatei verletzt den Betroffenen nach der für den saarländischen Rechtsanwender bindenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes (Lv 1/18) zudem in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör, so dass die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des Bußgeldrichters gemäß § 80 Abs. 1. Nr. 2 OWiG zuzulassen ist.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.11.2021 – SsRs 47/2021 (69/21 OWi)

Die Verwertbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen mittels des Messgeräts Jenoptik TraffiStar S 330, welches keine Rohmessdaten speichert, ist fraglich.

Amtsgericht Bad Saulgau, Beschluss vom 08.11.2021 – 1 OWi 25 Js 8443/20

Messungen mittels Leivtec XV3 erfüllen derzeit nicht die Anforderungen an ein standardisiertes Messverfahren.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02.11.2021 – SsBs 100/2021 (68/21 OWi)

Das Bußgeldverfahren wurde auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken im Hinblick auf die fragliche Verwertbarkeit des Messergebnisses eingestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft führte aus, dass eine Verwertung von Geschwindigkeitsmessungen mittels Handlasermessgerät (hier: Riegl FG-21 P), bei denen weder eine Fotodokumentation noch Rohmessdaten vorliegen, mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes nicht vereinbar ist.

Oktober

Landgericht Hagen, Beschluss vom 19.10.2021 – 46 Qs 63/21

Der Betroffene hat ein Recht auf Einsicht in die Falldaten der gesamten Messreihe einschließlich Statistikdatei, wenn er darlegt, dass und weshalb diese Unterlagen aus seiner Sicht benötigt werden, um sich gegen den Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung zu verteidigen. Ferner sind ihm der Public Key des Messgeräts, die Wartungsunterlagen des Messgeräts (als Lebensakte oder Zusammenstellung der jeweiligen Unterlagen), der Zulassungsschein, die Konformitätsbescheinigung, die Konformitätserklärung sowie die Schulungsnachweise vorzulegen.

Eine von der Verwaltungsbehörde vorgelegte „Zusammenfassung“ der Lebensakte dahingehend, dass in einem bestimmten Zeitraum keine Reparaturen oder Instandsetzungen durchgeführt worden seien, genügt nicht, da es sich hierbei um eine bloße Wissenserklärungen der Behörde handelt, die ohne weitergehende Unterlagen in keiner Weise prüffähig und mithin unbeachtlich ist. Neben den Schulungsnachweisen des Messbeamten sind der Schulungsnachweis seines Multiplikators (Ausbilders) und ggf. des Multiplikators des Multiplikators vorzulegen, bis sich eine lückenlose Kette zum Gerätehersteller ergibt.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 12.10.2021 – 4 Rb 25 Ss 1023/20

In Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist dem Betroffenen die Möglichkeit zu gewähren, Einsicht in die am Tattag aufgenommenen Falldaten (Messreihe) zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Einsicht erstmals im gerichtlichen Verfahren, aber noch ausreichend vor dem Verhandlungstermin begehrt wird.

Amtsgericht Ahrensburg, Beschluss vom 05.10.2021 – 520 E OWi 173/21

Das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet, dass die Verteidigung bei einer Geschwindigkeitsmessung mittels PoliScan Speed 200 Falldatensätze aus der Messreihe, die Bedienungsanleitung sowie die verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung erhält.

September

Landgericht Hagen, Beschluss vom 30.09.2021 – 46 Qs 59/21

Der Betroffene hat ein Recht auf Einsicht in die Falldaten der gesamten Messreihe einschließlich Statistikdatei und Case-List, wenn er darlegt, dass und weshalb diese Unterlagen aus seiner Sicht benötigt werden, um sich gegen den Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung zu verteidigen.

August

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 03.08.2021 – 4 Rb 12 Ss 1094/20

In Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist dem Betroffenen die Möglichkeit zu gewähren, Einsicht in die am Tattag aufgenommenen Falldaten (Messreihe) zu nehmen, indem diese der Verteidigung beispielsweise auf einem Datenträger übersandt werden. Dass diese Daten nach Behauptung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt keinen oder nur geringen Erkenntniswert für den Betroffenen haben, treffe in dieser Allgemeinheit nicht zu.

Juli

Amtsgericht Bad Kreuznach, Beschluss vom 26.07.2021 – 47 OWi 174/21

Bei Abstandsmessungen mittels VKS 3.0 sind der Verteidigung u. a. die Videoaufzeichnung im Originalformat (DV-Band) und die vorhandenen Wartungsunterlagen zur Messanlage zur Verfügung zu stellen.

Landgericht Chemnitz, Beschluss vom 22.07.2021 – 2 Qs 127/21

Das berechtigte Interesse an der wirksamen Verteidigung des Mandanten in einer Bußgeldsache kann es rechtfertigen, das in einem anderen Bußgeldverfahren eingeholte Gutachten zur Zuverlässigkeit des (in beiden Verfahren) verwendeten Messgeräts in anonymisierter Form einzusehen.

Amtsgericht Neuwied, Beschluss vom 19.07.2021 – 15 OWi 5/21 (2)

Bis (einschließlich) 12.05.2021 gab es für die elektronische Führung der Bußgeldakten in Rheinland-Pfalz keine Rechtsgrundlage.

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 06.07.2021 – 202 ObOWi 734/21

Ein Absehen vom Fahrverbot kommt u. a. dann in Betracht, wenn die Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsordnungsgemäß verhalten hat. Dies gilt auch, wenn das Rechtsbeschwerdeverfahren nach Erlass des Urteils des Amtsgerichts in rechtsstaatswidriger Weise (hier: zwei Jahre und ein Monat auf Grund des Verlusts der Akte) verzögert worden ist.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 01.07.2021 – 1 OWi 2 SsRs 50/21

Ein Betroffener hat das Recht auf Einsicht in die zum Tatzeitpunkt gültige Gebrauchsanweisung des „Enforcement Trailers“.

Juni

AG St. Ingbert, Urteil vom 23.06.2021 – 22 OWi 63 Js 270/21 (533/21)

Auch wenn im Saarland, anders als in anderen Bundesländern, keine Richtlinie oder ein Erlass über konkret bezifferte Mindestabstände bei Verkehrs- und Geschwindigkeitsüberwachungen existieren, ist ein Abstand von 32 Metern zwischen dem Verkehrszeichen 274, welches die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h beschränkt, und der Messstelle sehr gering. Vor diesem Hintergrund wurde das bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 35 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften vorgesehene Regelfahrverbot nicht verhängt.

Mai

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25.05.2021 – IV-3 RBs 18/21

Angesichts der zu erwartenden Dauer des Rechtsbeschwerdeverfahrens, in welchem u. a. die Frage des Rechts auf Einsicht in die Daten der gesamten Messreihe sowie der Folgen der Nichtspeicherung von Rohmessdaten (PoliScan Speed) aufgeworfen sind, wird eine Ahndung der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit (Geschwindigkeitsüberschreitung um 37 km/h auf einer Bundesautobahn) nicht für geboten erachtet.

Amtsgericht Mannheim, Beschluss vom 24.05.2021 – 20 OWi 151/21

Bei dem (neuen) Abstandsmessverfahren VKS 4.5 sind der Verteidigung folgende Unterlagen zur Verfügung zu stellen: Schulungsnachweise des Messbeamten und des Multiplikators, Beschilderungsplan, Wartungsunterlagen, Konformitätsbescheinigungunterlagen, Vorlagensatz der konkreten Messung, Mitteilung, ob ein Select-Modul zum Einsatz kam, Verwendungsanzeigen.

Amtsgericht Zweibrücken, Beschluss vom 10.05.2021 – 1  OWi 4211 Js 2509/21

Übersendet die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger trotz gerichtlichen Beschlusses nicht die von ihm benötigten Daten zur Überprüfung der Messung (hier: Public Key des Messgeräts), kann das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt werden.

Amtsgericht Frankenthal (Pfalz), Beschluss vom 06.05.2021 – 4 OWi 83/21

Die elektronische Aktenführung bei der Zentralen Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz hat derzeit keine ausreichende Rechtsgrundlage.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.05.2021 – 2 BvR 868/20

Ein Betroffener im Bußgeldverfahren hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen (hier u. a. in Bezug auf die Messdaten, die Statistikdatei und die Case-List).

April

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.04.2021 – SsRs 4/2021 (13/21 OWi)

Einstellung eines (Zulassungs-)Verfahrens bei zugrundeliegender Leivtec XV3-Messung gemäß § 47 Abs. 2 OWiG und Tragung der notwendigen Auslagen des Betroffenen (Rechtsanwaltskosten) im Hinblick „auf die fragliche Verwertbarkeit des Messergebnisses“.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 27.04.2021 – 1 OWi 2 SsRs 173/20

Verwender eines (Geschwindigkeits-)Messgeräts sind verpflichtet, Nachweise über Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Gerät herzustellen und für eine gewisse Zeit  in einer Lebensakte, einem Reparaturbuch oder auf andere Weise aufzubewahren. Einem Verteidiger sind diese Unterlagen auf Antrag zur Verfügung zu stellen.

Amtsgericht Landstuhl, Beschluss vom 08.04.2021 – 2 OWi 4286 Js 12184/19 (2)

Gewährt die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen einer Geschwindigkeitsmessung keine Einsicht in eine von ihm verlangte Gebrauchsanweisung, obwohl das Amtsgericht die Behörde hierzu aufgefordert hat und auch das Oberlandesgericht ein Recht auf Einsicht bestätigt hat, entzieht dies dem bußgeldrechtlichen Verfahren die Legitimation. Dieses ist einzustellen, wobei die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat.

März

Amtsgericht Heilbronn, Beschluss vom 29.03.2021 – 42 OWi 69/21

Die elektronische Aktenführung beim Regierungspräsidium Karlsruhe geschieht derzeit ohne Rechtsgrundlage. Aus diesem Grund darf einem Verteidiger bei Übersendung eines Aktenausdrucks keine Pauschale in Höhe von 12 Euro in Rechnung gestellt werden.

Amtsgericht Rottweil, Beschluss vom 22.03.2021 – 9 OWi 36 Js 13946/20 (2)

Räumt der Betroffene in der Hauptverhandlung einen Geschwindigkeitsverstoß ein und macht damit einen weiteren Verhandlungstermin entbehrlich, obwohl die Bußgeldbehörde trotz gerichtlichen Beschlusses der Verteidigung nicht die erforderlichen Unterlagen zur Messung vorgelegt hat, kann dies zu einer Reduzierung der Geldbuße (hier mit Wegfall des Punktes im Fahreignungsregister) führen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 11.03.2021 – 3 Rb 33 Ss 75/21

Das Amtsgericht muss bei einer Messung durch Nachfahren mit einem ungeeichten Tachometer im Polizeifahrzeug eine nachvollziehbare Begründung für den Toleranzabzug nennen, wenn es abweichend von der obergerichtlichen Rechtsprechung nur 18 statt 20 % vom angezeigten Wert abzieht.

Landgericht Frankenthal (Pfalz), Beschluss vom 04.03.2021 – 7 Qs 44/21

Kommt es infolge einer Coronaerkrankung des zuständigen Bußgeldrichters sowie einer Quarantäne der Geschäftsstellenmitarbeiter ohne Zutun des Betroffenen zu Verzögerungen im Verfahren, wodurch dieses verjährt und eingestellt werden muss, sind die notwendigen Auslagen des Betroffenen (u. a. Anwaltskosten) in der Regel durch die Staatskasse zu tragen.

Februar

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 11.02.2021 – 2 Rb 34 Ss 759/20

Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gehört als typische Hoheitsaufgabe zum Kernbereich staatlicher Hoheitsaufgaben, für die Behörden und Bedienstete der Polizei zuständig sind. Eine eigenverantwortliche Aufgaben durch Privatpersonen scheidet damit aus.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 04.02.2021 – 1 OWi 2 SsRs 63/20

Werden dem Verteidiger Unterlagen zur Überprüfung der Messung nicht überlassen, so kann auch bei geringen Geldbußen (hier: 100 Euro) die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. eins fairen Verfahrens zugelassen, das Urteil aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen werden.

Januar

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 25.01.2021 – 1 Rb 28 Ss 1077/20

Das Amtsgericht darf den Einspruch eines Betroffenen nicht verwerfen, weil weder er noch ein Verteidiger zur Hauptverhandlung erschienen sind, wenn es den Betroffenen zuvor von seiner Erscheinenspflicht entbunden hat.

Amtsgericht Trier, Beschluss vom 22.01.2021 – 27c OWi 8143 Js 28906/20 jug

Einstellung eines gegen einen Heranwachsenden geführten Bußgeldverfahrens wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit der Auflage, 20 Sozialstunden abzuleisten.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 07.01.2021 – 1 OWi 2 SsBs 98/20

Ein Betroffener bzw. sein Verteidiger haben das Recht auf Einsicht in nicht bei der Akte befindliche Unterlagen einschließlich der Gebrauchsanweisung des „Enforcement Trailers“.

2020

Dezember

Amtsgericht Stuttgart, Beschluss vom 18.12.2020 – 33 OWi 3401/20

Die elektronische Aktenführung beim Regierungspräsidium Karlsruhe geschieht derzeit ohne Rechtsgrundlage. Aus diesem Grund darf einem Verteidiger bei Übersendung eines Aktenausdrucks keine Pauschale in Höhe von 12 Euro in Rechnung gestellt werden.

Amtsgericht Kandel, Beschluss vom 16.12.2020 – 2 OWi 124/20

Der Verteidiger hat im Bußgeldverfahren auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12.11.2020 das Recht auf Einsicht in von ihm benötigte Unterlagen und Informationen (Messreihe, Gerätebegleitkarte, Beschilderungsplan, verkehrsrechtliche Anordnung, Konformitätsbescheinigung, Konformitätserklärung, Verwendungsanzeigen).

Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2020 – 1 VB 64/17

Verwirft das Oberlandesgericht einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ohne Begründung, obwohl auf Grund bundesweit unterschiedlicher Rechtsprechung offensichtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich einer Rechtsfrage besteht, verletzt dies die (Grund-)Rechte auf effektiven Rechtsschutz und auf den gesetzlichen Richter.

Oktober

Amtsgericht Bühl, Beschluss vom 29.10.2020 – 1 OWi 308 Js 12185/20

Die Bußgeldstelle hat dem Verteidiger im Falle einer Geschwindigkeitsmessung mittels PoliScan FM1, die unter Beteiligung eines privaten Dienstleisters vorgenommen wurde, neben der Messreihe die Token-Datei und das Passwort, die Lebensakte, die Gebrauchsanweisung sowie die Konformitätsbewertungsunterlagen des Messgeräts, die verkehrsrechtliche Anordnung sowie die Verträge der Behörde mit dem Privatdienstleister zur Verfügung zu stellen.

Amtsgericht Zweibrücken, Beschluss vom 01.10.2020 – 1 OWi 100/20

Die Bußgeldstelle hat dem Verteidiger im Falle einer Geschwindigkeitsmessung mittels PoliScan FM1 die digitalen Daten der Messreihe mit Statistikdateien und Case-Lists, die vorhandenen Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise des Messgeräts mit Gerätebegleitkarte, die Gebrauchsanweisung zum Messanhänger (Enforcement Trailer), den Beschilderungsplan, die verkehrsrechtliche Anordnung und die Verwendungsanzeigen bei der zuständigen Landesbehörde zur Verfügung zu stellen.

September

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.09.2020 – Ss BS 2/2020 (14/20 OWi)

Das Fehlen einer zumindest gestrafften Darstellung der Einlassung des Betroffenen in den Urteilsgründen sowie gegebenenfalls einer Beweiswürdigung, die sich mit den tragenden Beweismitteln und deren Ergebnissen auseinandersetzt, begründet auch im Bußgeldverfahren in aller Regel einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils, es sei denn, dass es sich um einen sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fall von geringer Bedeutung handelt.

August

Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 27.08.2020 – 5 L 733/20

Zur Überprüfung der Sperrung einer Verbindungsstraße zwischen zwei Ortsteilen durch Zeichen 274 (Durchfahrt verboten) im einstweiligen Rechtsschutz.

Landgericht Mainz, Beschluss vom 18.08.2020 – 1 Qs 58/20

Der Betroffene einer Geschwindigkeitsmessung mittels des Geräts PoliScan FM1, das in einem Messanhänger verbaut ist, hat ein Einsichtsrecht in die Gebrauchsanweisung für den Anhänger.

Amtsgericht Hermeskeil, Beschluss vom 14.08.2020 – OWi 8112 Js 854/20

Die Frist der Verfolgungsverjährung in Bußgeldverfahren (§ 33 OWiG) endet mit Ablauf des Tages, der seiner kalendermäßigen Bezeichnung nach dem Tag vorausgeht, auf den das für den Verjährungsbeginn maßgebliche Ereignis (hier: Verjährungsunterbrechung durch Verfügung der Anhörung) fällt.

Die Zusendung eines zweiten Anhörungsbogens führt nicht zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung.

Amtsgericht Landstuhl, Beschluss vom 10.08.2020 – 2 OWi 262/20

Im Verfahren wegen eines mutmaßlichen Abstandsverstoßes sind dem Betroffenen die Daten und Unterlagen, die den gegen ihn gerichteten Vorwurf betreffen (u. a. Videoaufnahmen, Gerätebegleitkarte, Zulassungsschein, Konformitätsbescheinigung, Konformitätserklärung, Verwendungsanzeigen gemäß § 32 MessEG), zugänglich zu machen.

Juli

Amtsgericht Bühl, Beschluss vom 31.07.2020 – 1 OWi 41/20

Führt die Verwaltungsbehörde die Akte eines Bußgeldverfahrens in elektronischer Form, obgleich eine Rechtsverordnung nach § 110a Abs. 1 Satz 2 OWiG nicht existiert, fällt für die Versendung eines Ausdrucks der Akte auf Antrag des Verteidigers eine Aktenversendungspauschale (§ 107 Abs. 5 OWiG) nicht an.

Die elektronische Aktenführung geschieht bei der Stadt Bühl mangels einer entsprechende Rechtsverordnung für die Verwaltungsbehörden in Baden-Württemberg derzeit nicht in zulässiger Art und Weise.

Amtsgericht Koblenz, Beschluss vom 09.07.2020 – 35 OWi 711/20

Die (elektronische) Aktenführung bei der Zentralen Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz geschieht derzeit ohne Rechtsgrundlage.

Amtsgericht Kusel, Beschluss vom 06.07.2020 – 1 OWi 84/19

Fehlt es an einer durch Rechtsverordnung zugelassenen Führung der elektronischen Akte (§ 110a Abs. 1 Satz 2 OWiG) fehlt, entsteht für die Versendung eines Ausdrucks der Akte keine Pauschale im Sinne von § 107 Abs. 5 OWiG.

Juni

Amtsgericht Landstuhl, Beschluss vom 23.06.2020 – 2 OWi 4211 Js 3636/20

Gewährt die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen einer Geschwindigkeitsmessung keine Einsicht in die von ihm gewünschten Daten und Unterlagen der Messung (z. B. Statistikdatei, Gerätebegleitkarte, Konformitätsbescheinigung, verkehrsrechtliche Anordnung, Traileranleitung), obwohl sie vom Gericht durch Beschluss hierzu aufgefordert worden war, liegt ein Grund vor, das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 18.06.2020 – 1 Rb 21 Ss 369/20

Wird einem Betroffenen im Verfahren vor dem Amtsgericht verwehrt, Einsicht in die Daten der Messreihe einer Geschwindigkeitsmessung zu nehmen, kann das Oberlandesgericht im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde das Bußgeldverfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einstellen.

Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 08.06.2020 – 6 OWi 260 Js 35873/19

Wird von einem Geschwindigkeitsmessgerät (hier: PoliScan M1 HP, zugelassen bis 250 km/h) eine Geschwindigkeit gemessen, die außerhalb des zugelassenen Geschwindigkeitsbereichs liegt (hier: „> 250 km/h“), ist das Messgerät nicht zugelassen und nicht gültig geeicht. Der Toleranzabzug ist aus diesem Grund von 3 auf 20 % zu erhöhen.

Mai

Amtsgericht Landstuhl, Beschluss vom 29.05.2020 – 1 OWi 4396 Js 280/20 jug

Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (hier 46 km/h außerorts) gegen einen Heranwachsenden kann vorläufig unter der Auflage eingestellt werden, dass der Heranwachsende seinen Führerschein für die Dauer von einem Monat in amtliche Verwahrung gibt und gemeinnützige Arbeitsstunden ableistet.

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 20.05.2020 – 2 OWi 6 SsRs 118/19

Wird dem Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht die Gebrauchsanweisung des „Enforcement Trailers“ überlassen, ist sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

April

Amtsgericht Koblenz, Beschluss vom 28.04.2020 – 35 OWi 711/20

Dem Verteidiger des Betroffenen einer Geschwindigkeitsmessung sind auf Antrag die gesamten Falldaten der Messreihe, der Beschilderungsnachweis, die verkehrsrechtliche Anordnung sowie die Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise des Messgeräts zu überlassen.

Amtsgericht Landstuhl, Beschlüsse vom 28.04.2020 – 2 OWi 4211 Js 13721/19, 2 OWi 4211 Js 14664/19, 2 OWi 4211 Js 15471/19, 2 OWi 4286 Js 8910/19

Gewährt die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen einer Geschwindigkeitsmessung keine Einsicht in die von ihm gewünschten Daten und Unterlagen der Messung (z. B. Statistikdatei, Gerätebegleitkarte, Konformitätsbescheinigung, verkehrsrechtliche Anordnung, Traileranleitung), obwohl sie vom Gericht durch Beschluss hierzu aufgefordert worden war, liegt ein Grund vor, das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Amtsgericht Daun, Beschluss vom 12.04.2020 – 4c OWi 132/20

Bei einer elektronisch geführten (Bußgeld-)Akte ist Akteineinsicht grundsätzlich in elektronischer Form zu gewähren. Versendet die Verwaltungsbehörde stattdessen einen Ausdruck der Akte, obwohl die Voraussetzungen des § 32f Abs. 1 Satz 3, 4 StPO nicht vorliegen, kann diese vom Verteidiger eine Aktenversendungspauschale nicht fordern.

März

Landgericht Ellwangen (Jagst), Beschluss vom 30.03.2020 – 1 Qs 21/20

Es liegt nahe, im Bußgeldverfahren dem Antrag eines Betroffenen bzw. seines Verteidigers auf Überlassung von nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen nachzukommen.

Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2020 – 1 VB 64/17

Zur Befangenheit einer Richterin des Verfassungsgerichtshofs, die in ihrem Hauptamt Leiterin einer Abteilung im Ministerium der Justiz und für Europa ist.

Februar

Amtsgericht Trier, Beschluss vom 02.02.2020 – 35a OWi 1/20

Werden trotz fehlender Rechtsgrundlage die Akten bei der Bußgeldstelle elektronisch geführt, kann eien Aktenversendungspauschale gemäß § 107 Abs. 5 OWiG nicht anfallen.

Amtsgericht Trier, Beschluss vom 02.02.2020 – 35a OWi 5/20

Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es, dem Verteidiger die zur Nachprüfung der konkreten Messung der mutmaßlichen Geschwindigkeitsüberschreitung erforderlichen Daten (hier: Token-Datei und Passwort zur Auswertung der PoliScan-Falldatei) zur Verfügung zu stellen.

Januar

Landgericht Kaiserslautern, Beschluss vom 20.01.2020 – 5 Qs 107/19

Im Bußgeldverfahren wegen einer mutmaßlichen Geschwindigkeitsüberschreitung sind der Verteidigung auf Antrag alle Falldatensätze der tatgegenständlichen Messreihe mit Public Key des Messgeräts, Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise des Messgeräts sowie die verkehrsrechtliche Anordnung zur Verfügung zu stellen.

Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020 – VGH B 19/19

Die Ansprüche auf effektiven Rechtsschutz (Art. 124 LV) und auf den gesetzlichen Richter (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LV) sind verletzt, wenn ein Gericht die gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht willkürlich außer Acht lässt (hier: divergierende Rechtsprechung von Oberlandesgerichten zu einem Anspruch des Betroffenen auf Überlassung der Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes und Messdaten).

Amtsgericht Landstuhl, Beschluss vom 14.01.2020 – 2 OWi 189/19

Die Übersendung papierner Ausdrucke einer elektronisch geführten Akte ist nicht kostenpflichtig, wenn die elektronische Aktenführung nicht durch Rechtsverordnung gemäß § 110a Abs. 1 Satz 2 OWiG eingeführt worden ist.

2019

Dezember

Amtsgericht Landau in der Pfalz, Beschluss vom 17.12.2019 – 1 OWi 483/19

Bei einer Geschwindigkeitsmessung mittels TraffiStar S 330-Messgerät, welches mit einer Wechselverkehrszeichen-Anlage verbunden ist, hat die Verteidigung ein Recht auf Einsicht in die gesamte Messreihe mit Statistik, die im Rahmen der Eichung aufgezeichneten Signalverläufe, die Wartungsunterlagen zum Messgerät und zur Wechselverkehrszeichen-Anlage, die Protokolldateien der Wechselverkehrszeichen-Anlage sowie den Beschilderungsplan und die verkehrsrechtliche Anordnung.

Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 06.12.2019 – 2 Qs 107/19

Im Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung sind der Verteidigung die Falldatensätze der gesamten Messräume im Wege der Einsichtnahme bei der Behörde zugänglich zu machen.

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 05.12.2019 – 2 OWi 6 SsBs 264/19

Der Verteidiger bedarf zur Rücknahme des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid einer besonderen und ausdrücklichen Ermächtigung durch den Betroffenen.

Oktober

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15.10.2019 – Ss Bs 59/2019 (62/19 OWi)

Haben nicht alle Verfahrensbeteiligten auf eine Begründung des Beschlusses gemäß § 72 OWiG verzichtet, beginnt die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss nach Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist, auch wenn der Beschluss keine Gründe enthält. Der Beschluss ist dann auf die Sachrüge hin aufzuheben.

Amtsgericht Baden-Baden, Beschluss vom 02.10.2019 – 14 OWi 264/19

In einem Bußgeldverfahren wegen einer mutmaßlichen Abstandsunterschreitung ist der Verteidigung auf Antrag die Videoaufzeichnung in der unkomprimierten Originalversion zur Verfügung zu stellen.

Amtsgericht Ellwangen (Jagst), Beschluss vom 02.10.2019 – 7 OWi 42 Js 18695/19

Lehnt die Verwaltungsbehörde einen Antrag der Verteidigung auf Beiziehung verschiedener Dokumente ab und gibt bereits wenige Tage später das Verfahren an die Staatsanwaltschaft ab, ohne dem Betroffenen oder der Verteidigung Gelegenheit zur Ausnutzung des Rechtsbehelf gemäß § 62 Abs. 1 OWiG zu geben, erscheint es sachgerecht, die Akten gemäß § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückzugeben.

September

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2020 – 1 Rb 10 Ss 531/19

Der Betroffene eines Bußgeldverfahrens hat ein Recht auf Einsicht in die nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen, die er für die Prüfung des Tatvorwurfs benötigt. Dies umfasst auch Unterlagen zur Zusammenarbeit zwischen der Bußgeldbehörde und Privatdienstleistern bzw. eine substantielle Erklärung der Behörde hierzu.

Landgericht Heidelberg, Beschluss vom 19.09.2019 – 11 Qs 17/19 OWi

Entscheidet über einen gegenüber dem Amtsgericht als erkennendem Gericht gestellten Antrag auf Einsicht in Messdaten einer Geschwindigkeitsmessung ein unzuständiger Richter, ist sein Beschluss auf Beschwerde hin unabhängig von der Frage, in welchem Umfang ein Einsichtsrecht besteht und ob ein Rechtsmittel gegen die Einsichtsversagung besteht, vom Beschwerdegericht aufzuheben.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 03.09.2019 – Ss Rs 34/2019 (43/19 OWi)

Wendet sich der Betroffene gegen eine Geschwindigkeitsmessung (hier: mittels eines Geräts vom Typ PoliScan F1 HP) mit der Argumentation, das Gerät habe keine Rohmessdaten gespeichert, und geht das Amtsgericht auf diese Argumentation nicht ein, ist das Verfahren vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 05.07.2019 – Lv 7/17 – vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

August

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30.08.2019 – Ss Bs 46/2019 (44/19 OWi)

Wendet sich der Betroffene gegen eine Geschwindigkeitsmessung (hier: mittels eines Geräts vom Typ Leivtec XV3) mit der Argumentation, das Gerät habe keine Rohmessdaten gespeichert, und geht das Amtsgericht auf diese Argumentation nicht ein, ist das Verfahren vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 05.07.2019 – Lv 7/17 – vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.08.2019 – Ss Rs 26/2019 (46/19 OWi)

Wendet sich der Betroffene gegen eine Geschwindigkeitsmessung (hier: mittels eines Geräts vom Typ TraffiStar S 350) mit der Argumentation, das Gerät habe keine Rohmessdaten gespeichert, und geht das Amtsgericht auf diese Argumentation nicht ein, ist das Verfahren vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 05.07.2019 – Lv 7/17 – vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Juli

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.07.2020 – 1 Rb 10 Ss 291/19

Der Betroffene eines Bußgeldverfahrens hat ein Recht auf Einsicht in die nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen, die er für die Prüfung des Tatvorwurfs benötigt.

Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2019 – Lv 7/17

Das Grundrecht auf wirksame Verteidigung schließt auch in einem Bußgeldverfahren über eine Geschwindigkeitsüberschreitung ein, dass die Rohmessdaten der Geschwindigkeitsmessung zur nachträglichen Plausibilitätskontrolle zur Verfügung stehen.

April

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 30.04.2019 – 202 ObOWi 505/19

Möchte das Amtsgericht auf Grund von Voreintragungen des Betroffenen, welche sich aus einem Auszug aus dem Fahreignungsregister ergeben, die Regelgeldbuße von 120 auf 360 Euro erhöhen, muss der Auszug durch Verlesung oder auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt werden.

März

Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 26.03.2019 – 8 Qs 27/19

Vor Ablehnung eines Antrags auf Protokollberichtigung ist dem Antragsteller rechtliches Gehör durch Überlassung der dienstlichen Stellungnahme des Richters zu gewähren.

Amtsgericht Landau in der Pfalz, Beschluss vom 14.03.2019 – 1 OWi 7296 1223/19

Wurde der Betroffene bei einem Unfallereignis nicht unerheblich verletzt und hat einen höheren Sachschaden erlitten als der Unfallgegner, ist bei einem geringen Verschulden die Ahndung der Unfallverursachung durch Geldbuße nicht geboten.

Januar

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 24.01.2019 – Ss BS 107/2018 (76/18 OWi)

Das Fehlen einer zumindest gestrafften Darstellung der Einlassung des Betroffenen in den Urteilsgründen sowie gegebenenfalls einer Beweiswürdigung, die sich mit den tragenden Beweismitteln und deren Ergebnissen auseinandersetzt, begründet auch im Bußgeldverfahren in aller Regel einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils.