Zustellung von Bußgeld ohne Zustelldatum – Verjährung droht!

Bei einer förmlichen Zustellung von Bescheiden durch Einlegung in den Briefkasten muss der Zusteller auf dem Umschlag das Datum eintragen180 Satz 3 der Zivilprozessordnung). Das ist notwendig, damit der Empfänger, der möglicherweise nicht genau weiß, seit wann sich der Umschlag in seinem Briefkasten befindet, mögliche Fristen berechnen und einhalten kann. Früher hatten die Gerichte ausgeführt, dass ein vergessenes Datum aber nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung führt, sondern der Empfänger lediglich Möglichkeiten hat, trotz Fristversäumnis noch ein Rechtsmittel einlegen zu können (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand). Im vergangenen Jahr hat der Bundesgerichtshof hierzu (in einem Zivilverfahren) die Rechtsprechung geändert und entschieden, dass die Angabe des Datums zwingende Voraussetzung für eine wirksame Zustellung sei. Nach dieser neuen Rechtsprechung beginnen Fristen nicht mehr ab Einwurf des Schriftstücks in den Briefkasten zu laufen, sondern erst dann, wenn der Empfänger den Umschlag tatsächlich und nachweislich „in seinen Händen hält“.

Gerichtsentscheidungen, wie sich die neue Rechtsprechung bei der Zustellung von Bußgeldbescheiden auswirkt, sind bisher kaum ergangen. Einige Gerichte meinten, dass hier alles beim Alten bleibe und die Zustellung von Bußgeldbescheiden trotz fehlender Datumsangabe wirksam sei. Dem hat nun das Saarländische Oberlandesgericht eine Absage erteilt. Es führt aus, dass die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften für das Ordnungswidrigkeitenverfahren ausdrücklich auf die Zivilprozessordnung verweisen, so dass kein Grund ersichtlich sei, dies anders zu handhaben als in Zivilverfahren.

Die offensichtlichste Konsequenz hieraus ist, dass bei fehlendem (oder falschem) Datum die Frist für einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, welche zwei Wochen beträgt, nicht zu laufen beginnt. Denn diese beginn erst mit der wirksamen Zustellung des Bußgeldbescheids. Deshalb ist es möglicherweise noch längere Zeit nach Einwurf eines Bußgeldbescheids in den Briefkasten möglich, Einspruch einzulegen.

Für die Behörden noch misslicher ist allerdings, dass hierbei Verfahren verjähren können; gerade Verkehrsordnungswidrigkeiten mit ihren relativ kurzen Verjährungsfristen. Die Verjährungsfrist beträgt hier in der Regel drei Monate ab der Tat; sie wird durch bestimmte Verfahrenshandlungen der Behörde aber unterbrochen, beginnt also von Neuem. Das ist etwa der Fall, wenn die Behörde einen Anhörungsbogen versendet. Ebenso kommt es durch den Erlass des Bußgeldbescheids zur Verjährungsunterbrechung; jedoch nur, wenn dieser innerhalb von zwei Wochen nach dem Erlass zugestellt wird (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 Ordnungswidrigkeitengesetz). Auch hier kann sich der Fehler bei der Zustellung also auswirken.

In dem vom Oberlandesgericht entschiedenen Fall führte das fehlende Datum auf dem Umschlag dazu, dass das Verfahren auf Kosten der Staatskasse eingestellt werden musste, weil die Verjährungsfrist nicht eingehalten werden konnte. Der Mandantin blieben 320 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot hierdurch erspart. Eine Heilung des Fehlers konnte nicht angenommen werden, da nicht nachweisbar war, ob sie vor Eintritt der Verjährung den Bußgeldbescheid bzw. Umschlag tatsächlich in die Hände bekommen hatte. In bestimmten Konstellationen kann außerdem die Zusendung einer Kopie des Bußgeldbescheids an den Rechtsanwalt genügen, was hier aber ebenfalls nicht der Fall war.

Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 03.06.2024 – Aktenzeichen 1 Ss (OWi) 44/24

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