Verkehrsberuhigter Bereich, „Spielstraße“, oder: Was ist eigentlich Schrittgeschwindigkeit?

Amtsgericht St. Ingbert, Urteil vom 08.03.2019 – 23 OWi 593/18

In verkehrsberuhigten Bereichen (Verkehrszeichen 325.1), umgangssprachlich auch als Spielstraße bezeichnet, gilt Schrittgeschwindigkeit. Doch welche Geschwindigkeit bedeutet das genau? Wer sich mit der Frage beschäftigt, wird feststellen, dass es keinen eindeutig festgelegten Wert gibt. Je nachdem, welches Gerichtsurteil man dazu liest oder welchen Fahrlehrer man fragt, wird man Antworten mit Geschwindigkeitswerten irgendwo zwischen 4 und 15 km/h erhalten. Eine Grundsatzentscheidung, etwa vom Bundesgerichtshof, gibt es nicht.

Unsere Mandantin wurde in einem verkehrsberuhigten Bereich mit 34 km/h gemessen. Definitiv zu schnell – nur war unklar, wie viel zu schnell, vor allem, da es erst ab 21 km/h zu viel zu einer Punkteeintragung in Flensburg sowie einem deutlich höheren Bußgeld kommt. Geht man von einer zulässigen Geschwindigkeit von 15 km/h in dem Bereich aus, wäre die Mandantin lediglich 19 km/h zu schnell gewesen. Sowohl die messende Stadt – welche vor Ort mittels Zusatzschildern auf Geschwindigkeiten zwischen 4 und 7 km/h hinweist – als auch das Landesverwaltungsamt legten im Bußgeldverfahren 10 km/h und folglich eine Überschreitung um 24 km/h zugrunde, was ein höheres Bußgeld und einen Punkt zur Folge hat.

Geht man von der Geschwindigkeit eines Fußgängers aus, dürften 4 bis 7 km/h dem am nächsten kommen. Dagegen wird  eingewandt, dass Fahrradfahrer bei solch niedrigen Geschwindigkeit nicht sicher fahren, da sie ins Schwanken zu geraten können. Auch viele (Automatik-)Fahrzeuge fahren bereits mit Standgas ca. 13 km/h. Im Saarland dürfen Blitzer in Straßen mit Schrittgeschwindigkeit erst bei 19 km/h auslösen.

Das Amtsgericht teilte in der Verhandlung unsere Ansicht, dass die gegenwärtige Rechtslage für Verkehrsteilnehmer jedenfalls wenig nachvollziehbar ist, da es an einer klaren Definition fehlt. Das Gericht wollte sich nicht auf einen Wert festlegen, sondern es kam zu der „Einigung“, dass das festgesetzte Bußgeld von 70 auf 55 Euro reduziert wird. Der eigentlich einzutragende Punkt entfällt dadurch, was Ziel der Mandantin war.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Sie können sich gerne bei verkehrsrechtlichen Fragestellungen an uns wenden. Oft können das Bußgeld reduziert, die Punkteeintragung oder ein Fahrverbot vermieden werden.

Entstehende Kosten werden von einer Verkehrs-Rechtsschutzversicherung übernommen. Sollten Sie keine solche Versicherung haben, kann versucht werden, nachträglich eine Versicherung zu erlangen, auch wenn es bereits zu einem Verkehrsverstoß bzw. Bußgeldverfahren gekommen ist.

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